Ich bin ein neugieriger Mensch. Und ich beschäftige mich gerne mit den Dingen, die mich interessieren. Daher folge ich auch gerne anderen Hundebloggern. Und natürlich auch „Arbeitskollegen“ – also anderen, die mit ihren Hunden ebenfalls im sozialen Bereich tätig sind.
Spannend finde ich dabei nicht nur, was sie in den Therapien machen, sondern auch welche Materialien sie dafür nutzen. Und weil mich das interessiert, dachte ich, ich erzähle Euch mal, mit was Emmely und ich so arbeiten. Erwartet jedoch nicht zu viel – Ihr werdet nämlich feststellen:
Wir haben nur ganz wenig Material, welches ich speziell für und mit Emmely nutze.
Doch bevor ich genauer auf einzelnen Sachen eingehe, möchte ich Euch einen kleinen Einblick in unsere Arbeitsweise geben. Und zwar ganz Allgemein und nicht auf die Stunden mit Emmely bezogen.
„Es wird in den Therapiestunden ja nur gespielt – wann fangen Sie denn so richtig an?“
So oder ähnliche Sätze hören wir TherapeutInnen von Eltern und anderen Bezugspersonen recht häufig, wenn ein Kind oder Jungendlicher bei uns neu ist und auch nach einigen Wochen Therapie nur erzählt, dass wir Fußball, Uno und Stadt Land Fluss spielen. Manchmal fragen sich das die Jugendlichen oder Erwachsenen auch selbst.
Es stimmt: Wir spielen viel. Sehr viel. Allein in dieser Woche habe ich folgende Spiele gespielt:
- Tempo kleine Schnecke
- Puzzle
- Skipo
- Uno
- Uno Action
- Fangfragenbälle
- Schwertkampf
- Hockey
- Jenga
- Tier- Popper
- 2 x Memory
- Wer ist es?
- Stadt, Land, Fluss
- Schnappt Hubi
- Duplo- Eisenbahn
- Mensch- Ärger-Dich-Nicht in Spongebob Version
- Rollenspiel mit Kuscheltieren
- Spiel mit Schleichfiguren
- Sitzfußball
Außerdem habe ich mit den Klienten Bananenwaffeln gebacken, in der Hängematte geschaukelt, T-Shirts gebatikt, Bilder gemalt und ein Kinderbuch zu Gefühlen angeschaut.
Dazu hatte ich in dieser Woche 3 Stunden gemeinsam mit Emmely.
Nun fragt ihr Euch vielleicht auch, was die Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen dabei denn lernen sollen oder wie ihnen das bei Problemen helfen kann.
Natürlich machen wir auch noch andere Dinge. Mit einigen Klienten erarbeite ich gerade ein Arbeitsheft zum Thema Autismus. Aber beim gemeinsamen Spiel gibt es ganz viele Möglichkeiten Dinge zu lernen, dafür ohne dass es sich wie Lernen oder „Arbeit“ anfühlt.
Ein kleines Beispiel:
Wir wollen ein Spiel aussuchen und müssen dafür in den Materialraum. Doch im Türrahmen steht jemand. Was nun? Hier wäre es toll, wenn der Klient die Person angemessen fragen würde, ob er mal vorbei kann. Für manche unserer Klienten ist bereits das Ansprechen eine Hürde, für manche aber „nur“ das höfliche Bitten.
Wir befinden uns nun im Materialraum. Dieser ist 11 qm groß und es gibt eine große Auswahl. Von Stiften, Bälle, Kleinkindmaterial, Sportgeräten über Bücher, Musikinstrumente, Autos, Tierfiguren, Puppen, verschiedene Möglichkeiten zum Bauen bis hin zu Brett- und Kartenspielen: Es ist für Jeden ganz bestimmt etwas dabei.
Erste Schwierigkeit: Man muss sich entscheiden. Überlegen, was möchte man. Das ist manchmal gar nicht so leicht herauszufinden. Manchen der Kinder fällt es schwer zu sagen, worauf sie Lust haben. Zum Beispiel weil sie alles gleich gut finden und dazu noch die Zeit begrenzt ist.
Und dann kommt es vor, dass ich mir auch etwas aussuchen möchte, was also bedeutet, dass sich das Kind auch auf mein Spiel einlassen müsste.
Oder ich habe vielleicht keine Lust auf das Spiel, was sich das Kind ausgesucht hat.
Wann immer man mit jemandem in Kontakt ist – man muss sich abstimmen.
Jetzt haben wir uns endlich für eine kleine Auswahl von Spielen entschieden. Also Schuhe aus und in den Raum, in den wir immer gehen. Mist, der ist heute belegt – aus welchem Grund auch immer. Also in einen anderen freien Raum. Flexibel zu sein, kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Und flexibel auf Änderungen im Alltag zu reagieren ist ganz häufig eines der Therapieziele.
Jetzt haben wir einen Raum und wollen anfangen. Aber mit welchem Spiel denn nun? Und wieder geht es um Abstimmung, gemeinsam Kompromisse finden.
Ihr merkt schon:
Noch bevor wir mit dem eigentlichen Spiel angefangen haben, kann schon eine Menge passiert sein.
Ein Hauptmerkmal unserer Arbeitsweise ist, dass wir kontakt- und beziehungsorientiert arbeiten.
Eine Therapie kann nur gut funktionieren, wenn der Klient motiviert zur Therapie kommt und Spaß hat.
Wir können aber auch mit ganz wenigen Materialien arbeiten – oder auch ganz ohne. Das ist sehr von dem Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen abhängig. Jedenfalls sind sehr viele unserer Materialien nicht speziell therapeutisch.
Und so ist das auch mit den Sachen von Emmely – (yeah – ich hab die Kurve noch gekriegt)
Bis vor Kurzem habe ich außer Futter und normalem Hundespielzeug wie Frisbee, Ball und einem Zergelspiel nichts mitgenommen. Damit kann man ja auch schon eine Menge machen: Futter im Raum verstecken, Futter im ganzen Gebäude verstecken, Futter werfen, Futter aus der Hand geben, sich selbst mit einem Hundekeks verstecken. Tricksen und die verschiedenen Spielzeuge werfen. Eine Menge Spaß für Emmely und eine Menge Lernpotential für die Klienten:
Wie geht die Dose auf? Muss man eventuell nach Hilfe fragen? Nimmt man eine ganze Handvoll Kekse oder nur ein paar davon. Wie weit wirft man die Kekse? Wie agiert man währendessen mit Emmely? Was kann man sagen, wenn sie zu nah kommt? Wie kann man ihr helfen die geworfenen Kekse zu finden? Was sind gute Verstecke für Emmely? Wo kommt sie gut dran – was ist zu schwer?
Und dann gibts natürlich auch noch Aktivitäten, die wir so um Emmely drumherum bauen:
Manchmal denken wir uns gemeinsam Lieder oder Comicgeschichten über Emmely aus, manchmal malen die Kinder ihre Erlebnisse mit Emmely auf, oder wir malen mit Fingerfarbe und Emmely darf auch einen Pfotenabdruck machen. Wir backen Hundekekse, gehen mit ihr spazieren, schauen uns ihre Körpersprache an, deuten ihre Stimmung, finden heraus wie sich die Pfoten und das Fell an Ohren und Schwanz an fühlt.
Allein mit diesen Möglichkeiten lassen sich schon viele Therapiestunden füllen.
Nun begleitet mich Emmely seit 2 Jahren und einige unserer Klienten haben genauso lange auch schon gemeinsam Therapiestunden mit uns.
Was ich immer dabei habe, ist Futter [Hier findet ihr einen extra Beitrag warum bei uns Futter in der Therapie wichtig ist – der ist auch fast noch aktuell – nur die Futtermarke ist im Moment eine Andere] und ein Spielzeug für Emmely.
Entweder eines zum Werfen oder eines zum Zergeln – das kommt auf die Vorlieben des Klienten an. Das Spielzeug wechselt auch immer mal, denn wenn es schon zerliebt aussieht, wandert es nach Hause und für die Therapie gibt es ein Neues.
Wenn wir rausgehen, habe ich zwei Leinen dabei. Eine halte ich, eine darf der Klient halten. Emmely an der Leine führen zu dürfen, finden die Meisten ganz großartig. Es stärkt das Selbstbewusstsein, fordert aber auch extrem ihre Konzentration. Gerade die jüngeren Kinder sind schnell abgelenkt und lassen auch mal die Leine fallen. Auf dem Weg zur nächsten Wiese müssen wir nämlich an einer großen Hauptstraße entlang und da finde ich eine zusätzliche Absicherung sinnvoll.
Außerdem fällt es einigen Klienten schwer sich beim Gehtempo mit mir abzustimmen, auch das klappt mit Emmely oft ganz wunderbar, da ich ja Emmelys Tempo „steuern“ kann.
Wir tricksen häufig mit Emmely. Einige Kinder kennen oft schon einfache Tricks wie „Pfote“ und und dürfen die dann mit ihr ausprobieren, mit Jugendlichen schaue ich mir z.B. auch Youtubevideos an und dann erarbeiten wir uns so neue Tricks.
Seit einiger Zeit haben wir nun auch diesen tollen Würfel, bei dem man an die Seiten jeweils Bilder einstecken kann. So können die Klienten, die sich nicht entscheiden können oder nicht genau wissen, welche Tricks Emmely kann, sich durch den Würfel helfen lassen. Aber auch für Klienten, die über wenig Sprache verfügen, ist das eine tolle Möglichkeit sich einen Trick auszusuchen.
Im letzten Beitrag zur hundgestützten Therapie habe ich ja auch schon gezeigt, welches Material ich zum Beispiel für Ole verwende.
Der Karteikasten ist auch noch ganz neu und enthält viele Ideen, wie man den Hund oder das Thema Hund einsetzen kann. Was richtig toll ist, ist das die Ideen nach Zielen der Förderung sortiert bzw. nach Gruppengröße sind. Da aber gerade Ferien bei uns sind, haben wir davon noch nicht wirklich was ausprobiert. Es gibt dazu auch noch Material, welches man sich selbst ausdrucken und individuell gestalten kann – damit habe ich auch schon angefangen.
Das Intelligenzspiel von More for IQ haben wir ebenfalls noch nicht so lange, nutze ich aber inzwischen oft. Hier ist ein wenig Handlungsplanung beim Klienten erforderlich und man kann zum Beispiel auch den Umgang mit Zahlen üben, indem man vorgibt, wieviele Futterbrocken unter die gelben Knochen sollen.
Da Emmely häufig sehr aufgeregt bei dem Spiel ist und manchmal während des Wartens ungeduldig jammert, ergibt sich hier außerdem schön die Möglichkeit das Thema Ungeduld/Warten aufzugreifen sofern es das ein therapierelevantes Thema ist.
Zu meinem Geburstag habe ich noch drei weitere, ganz großartige Intelligenzspielzeuge aus Holz bekommen, die erarbeite ich aber erst mit Emmely zuhause, bevor ich sie in der Therpie einsetzen werde.
Gerade zu Beginn einer Therapie, beziehungsweise wenn Emmely neu mit zur einem Klienten mitkommen darf, bespreche ich Regeln zum Umgang mit Hunden allgemein und zu Emmely speziell.
Früher habe ich viel das Arbeitsheft vom VDH dafür genutzt, inzwischen erarbeite ich das mit Klienten individuell. Für Quizfragen oder dergleichen mag ich aber die „Experten“ Karten ganz gerne (gibt es ebenfalls auf der Homepage vom VDH). Für die jüngeren Klienten haben wir auch dieses kleine Heft von Lesemaus, das ist sehr hübsch gezeichnet und zum Angucken und Besprechen ganz nett gemacht.
Zeichnungen zur Körpersprache des Hundes gibt es ja viele, oft finde ich sie aber zu detailreich, das kann manchmal für Menschen mit Autismus zu viel sein, weshalb ich mich für die Variante entschieden habe, die ihr auf dem Foto seht. Dazu habe ich einzelne Bilder von Boogie, dem Boston Terrier einfach vergrößert. Auf der einen Seite mit Text, auf der anderen Seite ohne – so kann man damit auch ein kleines Ratespiel machen.
Tja, das wars im Großen und Ganzen auch schon. So ein langer Beitrag und so wenig Material..
Aber es ist ja so: Das Indianermädchen ist ganz vielseitig und für fast jede Idee zu haben. Und manchmal engt viel Material ein, weil es bereits viele Vorgaben macht. Das manchmal sehr hilfreich, manchmal eben auch nicht. Und falls die doch notwendig sind, mach ich einfach selbst welche.
Aber bei uns gilt eben auch: Weniger ist oft mehr.