Wildfang allein zu Haus

Oft, so oft kam ich nach Hause und fand ein Chaos in der Küche vor. Eine ganze Menge Menschen verfolgen auf Facebook und Instagram das Treiben des Wildfangs. Und viele von euch äußern sich in Kommentaren dazu. Wir bekommen Tipps, Beileidsbekundungen, aber auch Kritik. Ich lese auch immer alle Kommentare, aber nur selten finde ich die Zeit, mich zu allem zu äußern. Oft gab es den Hinweis, Hazel doch die Box zu packen und manchmal wurden Vermutungen laut, dass das red-merle Mädchen das Alleinebleiben gar nicht richtig gelernt hat.

Vorab: Ich freue mich immer sehr über reges Interesse und viele Kommentare und natürlich gibt es auch mal Kritik.
Hazel ist nun Hund Nr.3 , mit dem ich das Alleinebleiben geübt habe. Mit Hund Nr. 1 war das eine ganz einfache Sache und ganz anders als mit Emmely.
Wer wissen möchte, wie das denn mit dem Indianermädchen war, kann sich mal hier durchlesen. Ansonsten kurz und knapp: Das Indianermädchen hat eine lange, lange Zeit gebraucht, bis sie ohne Box alleine bleiben konnte. Emmely liebte schon damals die Box, sie jammerte nie, wenn sie drin war, sondern schlief immer sofort ein. Ohne Box lief sie ruhelos umher. Da sie auch mal 5 Stunden in der Box verbringen musste, verwendete ich eine sehr große Gitterbox, in der ein ganzes Rudel Platz gefunden hätte – mein Freund mit 1,80 m Körpergröße passte da jedenfalls fast bequem rein.

Bei Hazel baute ich das Alleinebleiben fast genauso auf wie bei dem Indianermädchen. 
Doch wie macht man das eigentlich? Wie lernt ein Hund das?
In den meisten Ratgebern zur Hundeerziehung soll das Alleinebleiben wie folgt geübt werden:
Wenn der Welpe gerade beschäftigt und/ oder müde ist, verlässt man für wenige Sekunden den Raum.
Der Zeitraum kann dann langsam und stetig gesteigert werden, sofern sich der Hund ruhig verhält. Bellt, jault oder winselt der Welpe, sollte man erst wieder hinein gehen, wenn er für einen Moment leise ist. Schließlich möchte man ja gerade das nicht bestätigen.

So weit die Theorie.

Und ganz praktisch habe ich das genauso mit Hazel aufgebaut. Und ja, der Wildfang hat am Anfang Theater gemacht – und natürlich habe ich den Raum erst wieder betreten, wenn Ruhe im Karton eingekehrt war.

Nebenbei: Hazel ist sehr, sehr kommunikativ. Und eine Prinzessin – sobald ihr etwas nicht passt, teilt sie das mit. Egal ob Durst, Hunger, Pippi oder Langeweile – sie teilt es mit. Manchmal mit leisem Jammern (und ihr wisst – ich bin da echt empfindlich und schnell genervt) oder – und das liegt ihr eher- direkt mit lautstarkem Bellen – sie schimpft richtig. Und sie kann dabei sehr ausdauernd sein…

Es hat etwas länger als bei Emmely gedauert, bis ich den Raum verlassen konnte – ohne das die Nachbarn gleich darüber in Kenntnis gesetzt wurden, aber wie gesagt – es klappt inzwischen. Nur wenn ich nach Hause komme und das Fenster geöffnet ist, beginnt manchmal ein ohrenbetäubender Freudentanz, aber sobald ich im Treppenhaus bin, ist es wieder leise.

Hazel bleibt also alleine – egal ob mit Emmely oder ohne, ohne zu bellen oder in der Wohnung Pipi zu machen.
Dafür macht sie eine Menge kaputt.
Die Tatsache allein spricht aber nicht zwingend dafür, dass sie nicht alleine bleiben kann. Man muss immer das Gesamtbild betrachten, um sich wirklich ein Urteil bilden zu können und darum habe mir das Alleinebleiben ein paar Mal mithilfe einer Kamera angeschaut.

Ich kann euch versichern, der Wildfang ist entspannt – tiefenentspannt:
Er schläft, trinkt, spielt ein wenig mit dem vorhandenen Spielzeug und dann..
und dann kommt sie: Die böse, gefährliche und ganz schreckliche Langeweile.

Er schlendert also durch die Küche und sucht. Und erstaunlicherweise findet er immer etwas Neues. Denn natürlich lerne ich aus meinen Fehlern und räume die Sachen anschließend besser weg. Im Grunde genommen räume ich die halbe Küche leer, Mülleimer und ein rollbarer Schrank werden verbannt und die Stühle entweder ganz nah oder weit weg vom Tisch geschoben. Doch Hazel sucht sich einfach eine neue Stelle, bei der ich gar nicht damit rechne, dass sie da etwas interessant finden könnte – geschweige denn dran kommt. Sie schnappt sich also etwas – sei es der Holzwecker von der Fensterbank, eine Tüte Mehl oder Zucker, schleppt sie auf ihre Decke und dann wird dran herum geknabbert..
Dann wird geschlafen und das Ganze beginnt von vorn.

Hazel hat keine Trennungsangst – aber eben viele Flausen im Plüschkopf und Energie in den Beinchen.

Nun sind weder Müllreste, noch Zucker und Mehl oder ein Holzwecker für einen Wildfang besonders gesund.

Vielleicht ist er nicht genug ausgelastet? Längere Spaziergänge oder mehr Kopfarbeit könnten dazu beitragen, dass der Wildfang meine Abwesenheit einfach komplett verschläft.
Es gibt Tage, an denen läuft Hazel ziemlich viel und an denen ihr kleiner Plüschkopf ziemlich viel Nachdenken muss. Aber ebenso gibt es dann Tage, an denen es kaum mehr als Pippi – Gassi- Runden gibt. Hunde, nicht nur Aussies oder Hütehunde allgemein gewöhnen sich schnell an ein bestimmtes Maß von Beschäftigung. Und fordern dann mehr und mehr. Das was Emmely oder auch Hazel später körperlich leisten könnten – könnte ich ihnen nie auf Dauer bieten. Die Mädels müssen flexibel sein und so ist es für mich ein guter Weg. Emmely kann viel leisten, aber sie kommt auch ein paar Tage ohne wahnsinnig viel Bewegung und Kopfarbeit aus (ein paar Tage – aber dann wird sie auch hibbelig). Und genau das wünsche ich mir auch für den Wildfang.


Warum aber kommt Hazel nicht einfach in die Box?

Aus verschiedenen Gründen.
Zum einen hat Hazel die Box nicht so gut angenommen wie Emmely. Solange sie müde oder mit Essen beschäftigt ist, ist es für sie okay in der Box zu sein. Schnell aber schlägt die Laune um und der Wildfang fordert seine Freiheit. Hazel braucht die Box nicht, um herunter zu kommen. Das schafft sie auch ohne ganz hervorragend. Meine Nachbarn mögen die Mädels, aber ich bin mir sicher, andauerndes, wütendes Bellen mögen sie nicht.
Und das Hazel lange, lange bellen kann, zeigt sie in der Box am Hundeplatz regelmäßig.
Sie ist in der Box, sofern sie allein ist, schneller gestresst.

Ein ziemlich wichtiger Grund ist aber, dass Hazel durch die Box nicht lernt, dass sie nichts kaputt machen darf. Es schützt sie – und mein Mobiliar. Aber lernen tut sie dadurch nichts. Dafür müsste ich sie auf frischer Tat erwischen und dann bestrafen.
Warum aber klappt es bei so vielen Anderen? Der Welpe/ Junghund bleibt die ersten Monate nur in der Box alleine und dann mit etwa einem halben Jahr oder später klappt es dann auch ohne Verwüstungen und ohne Box.
Ich vermute einfach mal: Sie werden ruhiger. Nicht ruhig. Aber sie können Nichtstun besser aushalten. Die Frustrationtoleranz steigt. Meistens ist das zu mindestens so.
Emmely hat übrigens erst mit 1 1/2 Jahren angefangen Dinge zu zerstören – es gibt also Ausnahmen – wie immer.

Die Box ist also in Hazels Fall nicht die optimale Option. Daher ist sie, schon vor einiger Zeit, in den Flur umgezogen. Der ist klein. Ziemlich klein sogar. Aber Hazel soll dort ja auch nicht herum toben, sondern möglichst wenig kaputt machen können. Meine Schuhe sind natürlich vorsorglich ins Schlafzimmer umgezogen. Und nach und nach auch meine Jacken und Mäntel. Und die Halsbänder, Geschirre und Leinen.
In Jackentaschen fanden sich nämlich häufig noch Keksreste. Und plötzlich hatten die Taschen kleine Löcher. Halsbänder und Geschirre haben wir ja eh genug – oder vielleicht hatte der Wildfang sich auch einfach satt gesehen – jedenfalls schienen Plastikverschlüsse ziemlich köstlich zu schmecken.

Aber der Boden ist noch heile und bis auf die Sache mit dem Erkältungsbadesalz ist es recht ruhig um die Unfug- Geschichten vom Wildfang geworden. Vielleicht ist das unser Weg. Die Sturm und Drang Zeit im Flur überstehen. Und dann kann irgendwann wieder umgezogen werden.

Aber inzwischen ist Hazel ja auch schon 7 Monate alt. Und laut Tierärztin auch bald schon läufig.
Sie wird also langsam erwachsen.
Bis sie vernünftig wird, dauert es aber sicher noch eine ganze Weile.
Hoffentlich.

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6 Gedanken zu “Wildfang allein zu Haus”