Zu Beginn: In dieser Blogreihe erzähle ich von meiner hundgestützten Therapie mit Menschen mit Autismus – Spektrum – Störungen (kurz ASS).
Wer vielleicht nicht so genau weiß, was die Diagnose ASS eigentlich bedeutet, dem empfehle ich sich den Graphiv Novel „Schattenspringer“ vom Fuchskind (hier gibt es eine Leseprobe) und den Blog Realitätsfilter mal genauer anzuschauen. In beiden Fällen sind die Autoren selbst Autisten und geben auf eine interessante Art und Weise Einblicke in ihr Leben.
Zur Zeit arbeite ich mit 18 Kindern, Jungendlichen und Erwachsenen in der Woche. Natürlich begleitet mich Emmely nicht in allen Therapiestunden. Das wäre nämlich viel zu viel, denn so eine Therapiestunde ist auch für ein Indianermädchen anstrengend.
Und selbstverständlich passt es manchmal einfach nicht, wenn zum Beispiel die Förderziele nicht mit hundgestützter Arbeit zu erreichen sind, die Klienten nicht mit Emmely arbeiten möchten oder ich Bedenken habe, Emmely einzusetzen. Im Moment kommt das Indianermädchen also bei 7 Kindern und Jugendlichen verteilt auf vier Tage in der Woche mit. Mittwochs hat das Indianermädchen frei, zumal wir ja abends THS Training haben.
Wie entscheidet sich, ob das Indianermädchen mich in einer Therapiestunde begleiten darf?
Zunächst einmal schaue ich, ob es Ziele für die Therapie gibt, bei denen es sinnvoll ist, dass Emmely mich begleitet. Und weil unterschiedliche Menschen verschiedenen Alters natürlich auch unterschiedliche Schwierigkeiten im Alltag haben, sind auch die Ziele, an denen wir arbeiten, ganz unterschiedlich.
Außerdem spielt es auch eine Rolle, ob das Kind/ der Jugendliche oder Erwachsene in der Lage ist, Aufforderungen nachzukommen. Nur wenn ich jemandem zum Beispiel verständlich machen kann, dass man keine Gegenstände nach Emmely werfen darf oder das am Schwanz ziehen verboten ist, darf Emmely von meiner Seite aus mit – schließlich ist mir nicht nur die Sicherheit der Anderen wichtig, sondern natürlich meines Hundemädchens. Ohne die Einwilligung der Eltern sowie des Kindes oder Jugendlichen und das Ausschließen einer Tierhaarallergie geht es selbstverständlich auch nicht.
Dann spricht erstmal grundsätzlich nichts mehr dagegen.
Dennoch kommt das Indianermädchen dann nicht jede Woche in die Therapie mit. Manchmal machen wir Sachen, bei denen Emmely einfach nur langweilen würde oder wenn Emmely nicht so gut drauf oder krank ist, darf sie natürlich auch zuhause bleiben.
Und jetzt wollt ihr endlich wissen, was das Indianermädchen ganz genau in den Therapiestunden macht oder?
Heute erzähle ich von Lasse.
Lasse (der eigentlich gar nicht so heißt, aber ich mag die Namen aus den Astrid Lindgren Büchern, also heißt er doch Lasse) ist 12 Jahre und kennt sich richtig gut mit Tieren aus. Also wirklich richtig gut. Er könnte euch stundenlang an seinem Wissen teilhaben lassen. Er kennt und liebt Hunde und hat auch zwei Zuhause. Lasse mag Emmely so gern, dass er ihr zu Ehren auch mal ein Lied oder Gedicht widmet.
Mit Emmely zusammen arbeiten wir an seiner taktilen Überempfindlichkeit. Lasse mag nämlich viele Konsistenzen und Oberflächen nicht anfassen. Kneten und mit Fingerfarbe zu malen empfindet er als unangenehm, bei bestimmten Lebensmitteln wird ihm manchmal schon beim Anblick ganz flau im Magen. Und das ist dann schon ziemlich blöd, wenn man zum Beispiel zwar gerne gebratenen Speck isst, ihn aber nicht zubereiten kann, weil man den Speck vor dem Braten nicht mal angucken, geschweige denn anfassen kann.
Aber Emmely leistet Überzeugungsarbeit.
Ein Fingerfarben – Bild wird dann doch gemalt, weil Emmely anschließend ebenfalls mit Fingerfarbe einen Pfotenabdruck sein Bild macht.
Oder wir backen Bananen- Kekse, die sowohl Vierbeinern als auch Zweibeiner richtig gut schmecken. Für sich hätte Lasse lieber auf die Kekse verzichtet, als die Bananen mit den Händen klein zu matschen.. Aber weil Emmely, die doch so gerne mag, überwindet sich Lasse.
Und mit den Keksen kann man dann am Ende der Stunde noch hervorragend Verstecken spielen.
Wenn sich Lasse nämlich zusammen mit
einem zwei Keksen (einen für sich und der zweite für Emmely) versteckt, gibt sich Emmely besonders viel Mühe ihn ganz schnell zu finden und den Keks als Belohnung zu bekommen – falls Lasse diesen nicht aus Versehen auch noch gegessen hat *hihi*.
Das Indianermädchen schafft es sogar mit ihrem hungrigsten & niedlichsten Blick sich den ungebratenen Speck zu erbetteln und den sogar direkt aus der Hand von Lasse fressen zu dürfen.
In diesen Stunden besteht die Aufgabe von Emmely also eigentlich vorallem darin, sie selbst zu sein: Also großartig, hübsch, anhänglich und verfressen. Außerdem kann so ein ein jammerndes Indianermädchen schon ziemlich herzzerreißend sein *kicher*.
Damit ihr nicht denkt, dass es das Indianermädchen immer so leicht hat, erzählen ich euch nächste Woche von dem kleinen Ole, bei dem sich Emmely echt anstrengen muss.
5 Gedanken zu “Indianermädchen 007 auf fast geheimer Mission ** Lasse und die Bananen- Kekse **”
Hey ihr Beiden,
toller Artikel und ein spannender Graphic Novel, den du da verlinkt hast, den kannte ich noch gar nicht.
Ich freue mich schon auf weitere Einblicke in eure Arbeit!
Liebe Grüße, Mara (die privat und beruflich auch mit "Lasse und Ole" zu tun hat) und Abra, die Emmely um den Speck beneidet
Hallo ihr Lieben!
Ein sehr schöner Beitrag. Ich interessiere mich selbst sehr für dieses Thema, habe selbst schon mit autistischen Kindern zusammen gearbeitet und finde es immer wieder großartig und absolut schön zu sehen, was für wahnsinnige Fortschritte manche Kinder durch die Hilfe und den Einsatz von Tieren in ihrer Therapie erzielen können. 🙂
Hast du ein bestimmtest Ritual für Emmely, bevor sie dich in die Therapiestunde begleitet, wie bsp. bekommt sie ein bestimmtest Halstuch oder ähnliches um, was ihr signalisiert: "Jetzt ist für mich eine Art Arbeit angesagt" …?
Freue mich sehr über weitere Beiträge zu diesem Thema und wünsche euch ein schönes Wochenende! 😉
Liebe Grüße sendet Jule mit Chilli
Liebe Mara, inzwischen gibt es vom Schattenspringer schon einen zweiten Teil. In unserer Praxis arbeiten wir sogar damit.
Liebe Abra – dass sind aaaaabsolute Ausnahmen – zuhause gibt es sowas auch nicht 😉
Hallo ihr Beiden,
Ich finde meine Arbeit auch super interessant und jeden Tag ist was anderes. Ich hatte anfangs tatsächlich überlegt, ein Ritual mit einem Halstuch einzuführen – allerdings brauch sie das gar nicht, da wir die Kinder ja im Wartebereich zusammen abholen und dann erstmal zum Raum gehen – das reicht scheinbar schon. Getreu dem Motto : So viel Struktur wie nötig – so wenig wie möglich.
Euch auch ein schönes Wochenende!
Wahnsinnig interessante Arbeit die ihr zwei da macht… bin dann mal lesen! 0.0
LG Jérôme